Ich habe eine Beobachtung gemacht. Im beruflichen sowie privaten Kontext hat sich mir ein Muster aufgedrängt:
Die meisten sind sehr gut darin, bestehende Dinge zu verbessern. Nur wenige sind gut darin, neue Dinge zu erschaffen.
Vielleicht kennst du das auch: In deiner Firma geht es darum, einen Ablauf neu zu definieren. Alle ducken sich weg, bis einer einen Vorschlag für einen neuen Prozess macht. Zu diesem neuen Vorschlag gibt es plötzlich vom gesamten - vorher sehr passiven - Team sehr viele Rückmeldungen. Einige finden es gut, haben aber kleine Verbesserungsvorschläge, andere sagen, sie hätten es ganz anders gemacht. Wieder andere sagen: Das hätte sich ja jeder ausdenken können.
Wie fühlt sich jetzt die Person, die den Vorschlag für das Neue gemacht hat? Die meisten von uns würden es nicht als positive Erfahrung verbuchen.
Manchmal hindert uns das Wissen, das es im Nachhinein jeder hätte besser machen können, an der Umsetzung unserer Ideen. Der Gedanke an scheinbar nie enden wollende Verbesserungsvorschläge lähmt uns. Also versuchen wir unsere neuen Vorhaben bis ins kleinste Detail zu durchdenken. Wir wollen es perfekt machen, bevor wir damit an die Öffentlichkeit gehen.
Heinrich Kämpchen hat hierzu folgende passende Weisheit geliefert: „Wer immer sinnt und nicht beginnt, dem ungenützt die Zeit verrinnt.“
Der Punkt ist: Du kannst dich soviel besinnen, wie du willst. Irgendjemand wird immer eine Verbesserungsmöglichkeit an deiner Idee finden. Das liegt nicht daran, dass du in einer Welt von negativen Kritikern lebst, sondern daran, dass die meisten Menschen besser darin sind, Bestehendes zu verbessern, als Neues zu schaffen. Wahrscheinlich macht das aus evolutorischer Sicht auch Sinn, da eher die Steinzeitmenschen überlebt haben, die Bewährtes langsam, aber sicher weiterentwickelt haben.
Warum ist diese Erkenntnis wertvoll?
Mit diesem Wissen können wir mit Verbesserungsvorschlägen an unseren Ideen besser umgehen. Der Standardreflex der meisten Menschen ist es, an Bestehendem rumzunörgeln - oder positiv gesehen: Bestehendes zu verbessern. Es liegt nicht an deiner konkreten Idee, sondern an der Art, wie wir Menschen grundsätzlich agieren.
Wir können dem Verbesserungsreflex anderer wertschätzend begegnen. Eine Gesellschaft, in der jeder immer nur neue Impulse hat, würde wahrscheinlich im totalen Chaos enden. Wir brauchen viele "Bewahrer-Typen", die unser Miteinander in verstehbaren Bahnen halten.
Auch nicht perfekte Ideen können an die Öffentlichkeit. Die kollektive "Das hätte ich aber anders gemacht"-Haltung wird schon dazu führen, dass die Idee mit der Zeit verbessert wird.
Das Wissen darüber, dass die meisten immer nur bestehendes Verbessern und nicht Neues schaffen, öffnet dir die Augen. Mit neuen Ideen zu kommen ist scheinbar die seltenere Fähigkeit, die es mit Mut voranzutreiben gilt. Starte mit etwas und beginne direkt mit der Umsetzung. Kritik wird so oder so kommen.
Essenz: Die meisten Menschen sind sehr gut darin, bestehende Dinge zu verbessern. Nur wenige sind gut darin, tatsächlich neue Dinge zu erschaffen. Neue Ideen werden daher mit vielen Verbesserungsvorschlägen konfrontiert. Anstatt hiervon abgeschreckt zu sein, können wir dieses Wissen für uns nutzen und neue Ideen trotzdem oder gerade deshalb selbstbewusst in die Welt bringen.
Wann hast du das letzte mal etwas Neues erschaffen?
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