Festnetztelefone? Ernsthaft?
Egal ob beruflich oder im privaten Bereich implizieren diese Geräte eine Präsenzpflicht am Platz. Festnetztelefone sind wie ein Relikt aus alten Zeiten. Wie ein Dinosaurier mitten im modernen Leben. In welchem Kontext auch immer, ist die zugrunde liegende Annahme von einem Festnetztelefon, dass ich mich zu einem Großteil meiner Zeit an ein und dem selben Ort aufhalte. Für Flexibilität und Spontanität ist in diesem Konstrukt per Definition nicht viel Platz - beides Eigenschaften die in unserer VUCA-Welt entscheident für Erfolg sind. Es gibt natürlich Ausnahmen, die einen Festnetzanschluss inkl. Telefonhörerspiralkabel aus grauer Vorzeit tatsächlich notwendig machen; ich bin jedoch der Überzeugung, dass diese Ausnahmen viel dünner gesäht sind, als man zunächst vermutet. Was ich sehe ist ein Brachiosaurus, der der Freiheit der Menschen im Weg steht. Privat und beruflich ist es die subtile Kontrolle, die auf mich einwirkt, wenn ich an einem feststehenden Apparat erreichbar sein muss. Diese Erwartungshaltung ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Wir sind einen entscheidenden Schritt weiter in der Kommunikation - lasst ihn uns genießen.
Auslöser für diese Zeilen ist folgende Frage, die ich immer wieder mitbekomme:
“Wo waren Sie? ich konnte Sie nicht erreichen!”
An dieser Frage ist alles falsch, was irgendwie falsch sein kann. Wo ich war? In der Kantine ... im Wald … Faltschirmspringen ... alles ist möglich - und es sollte jedem außer mir egal sein. Der casus knacksus bei Festnetztelefonen ist, dass das buchstäbliche Anleinen impliziert, dass genau nicht alles möglich ist.
Agile und innovative Unternehmensorganisation und Festnetztelefone sind für mich wiedersprüchlich. Es hat niemanden zu interessieren, wo ich war. Auch als Vorgesetzter bin ich doch kein bisschen daran interessiert, wie viel Zeit meine Mitarbeiter wo verbringen. Ich bezahle sie für ihren geschäftlichen Mehrwert und nicht für das Absitzen von Zeit an einem bestimmtem Ort. Solltest du so eine Frage hören, riecht das sehr stark nach einer ausgeprägten Absitzkultur.
Handy heißt nicht automatisch permanente Erreichbarkeit. Auch wenn du kein Firmenhandy hast, dann kannst du auf deinem privaten Gerät einfach konfigurieren, wer dich wann überhaupt erreichen kann oder mit Dual-SIMs arbeiten. Das kostet uns einmal Zeit für das Einrichten, erspart uns aber ungleich viel mehr sinnlos angeleinte Zeit.
Es ist wirklich befreiend, wenn das Umfeld nicht mehr auf räumliche Anwesenheit setzt. In meinem ersten Job als Unternehmensberater hatte die ganze Organisation zum Beispiel Diensthandys. Für die Kunden, die auf Festnetznummern wert legten hatte jeder auch eine solche virtuelle Nummer, die dann direkt aufs Handy geleitet wurde. Keinerlei Zwang in irgendeinem Büro die Zeit neben einem Telefonhörer zu sitzen. Herrlich.
Lass dich nicht anleinen! Leite alle deine Anrufe aufs Handy weiter und erziehe deine Kollegen und Freunde dazu, dass du "angekettet" nicht erreichbar bist. Die Dynamik im Umfeld ändert sich zum positiven, wenn man tatsächlich mobil wird.
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