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Achtung: Eigenverantwortung!

Aktualisiert: 22. Jan. 2020

Im Alltag begegnen wir vielen Hinweisschildern. Irgendwie triggern viele davon etwas in mir, was ich lange nicht benennen konnte. Jetzt habe ich realisiert, dass ich deshalb oft über Schilder schmunzele oder nachdenke, weil Sie meine Überzeugung von eigenverantwortlichem Handeln berühren.


Lasst uns 3 Arten von Hinweisschildern betrachten:


1. Hinweisschilder zur Grundordnung des Zusammenlebens

Beispiele hierfür sind Schilder der Straßenverkehrsordnung oder auch Flucht- und Rettungspläne in Gebäuden. Diese sind sinnvoll, da sie jeden Einzelnen nur informieren damit maximale Freiheit und Sicherheit für alle gewährleistet werden kann. 


2. Selbsterstellte Hinweisschilder in Gemeinschaftsräumen


Manche sind sinnvoll, da Grundregeln transparent werden, die vielleicht nicht allen klar sind. Beispiel hierfür ist ein internationaler Campingplatz mit ständig wechselnden Gästen. Werden die Regeln in den gemeinsamen Waschräumen aufgezeigt ist dies sinnvoll, da diese nicht in allen Nationen gleich sind (auch hier geht es am Ende darum für alle ein möglichst angenehmes Miteinander zu ermöglichen). In Räumen die lange von einer Gruppe genutzt werden, wie z.B. der Teeküche oder den sanitären Anlagen in Büros, zweifle ich die Sinnhaftigkeit jedoch schwer an. Selbstgebastelte Schilder á la „Die Klobürste darf kostenlos benutzt werden!!!“ machen mich regelrecht fertig. Hängt solche Schilder bitte nicht auf! Der Grund warum ich das so sehe ist, dass diese Schilder nichts anderes als mangelnde interne Kommunikation und menschliche Abgründe aufzeigen, anstatt sie zu lösen. Wenn du mit Kollegen zusammenarbeitest, die die gemeinsame Küche oder die sanitären Anlagen nicht in angemessenem Zustand hinterlassen, dann geh’ nach dem Motto “love it, change it or leave it” vor:

  • Love it: Du lebst damit.

  • Change it:  Du besprichst das Thema mit den Personen (unter vier Augen oder im Plenum im Team-Meeting). Sollte sich dann immernoch nichts ändern, arbeite darauf hin, dass die entsprechende Person das Team verlässt (Ich meine das wirklich Ernst. Hier gibt es verschiedene Wege - nicht Thema dieses Beitrags)

  • Leave it: Du gehst. Hinterlassen Menschen ihr Umfeld in untolerierbarem Zustand, gibt dir das Auskunft über deren Verhältnis zu Verantwortung. Ein soziales Umfeld in dem individuelle Verantwortung nicht gelebt wird, ist höchstwahrscheinlich nicht das Richtige. 

Um es kurz zu machen: Selbstgebastelte Hinweisschilder á la “das Geschirr räumt sich nicht von selber in die Spülmaschine !!!” zeigen im Grunde, dass ein Team nicht funktioniert und noch schlimmer, dass Menschen angestellt wurden, die nicht Eigenverantwortlich handeln. Ist das die Botschaft die an Gäste im Büro und das Team selber gesendet werden soll?


3. Nutzungshinweise


Impliziert steht hier überall die Aussage “Ich gehe davon aus, dass du selber nicht in der Lage bist, auf dich aufzupassen”. Verhaltensregulierung steht hier also über dem eigenen Menschenverstand. Ich bin ein Fan davon, dass jeder Scheitern darf (in welcher Form auch immer) - Handeln und Haften dürfen zusammen fallen. Wenn ich mich entschließe eine Treppe hinunter zu gehen, ohne mich am Geländer festzuhalten, dann darf ich auch das Risiko tragen, für einen eventuellen Schaden (an mir) zu Haften. Ich möchte nicht erklärt bekommen, wann ich wo stehen, sitzen oder liegen darf; wann ich mich wo festzuhalten habe und ob ich aufpassen sollte. Ich möchte hierüber die Entscheidungsfreiheit haben, volle Verantwortung übernehmen und mich zur Not auch auf die Fresse legen dürfen.

Nehmen wir das Beispiel “Please use handrail” - “Bitte Handlauf benutzen”. Firmen möchten durch ein solches Schild Arbeitsunfälle vermeiden oder sich ggf. haftungsrechtlich absichern. Ich frage mich an dieser Stelle immer: Wenn ihr Menschen beschäftigt, denen ihr nicht zutraut eine Treppe selber zu benutzen ohne sich dabei Verletzungen zuzuziehen, habt ihr dann nicht ein Problem, was mit einem solchen Schild eher nicht zu lösen ist?

Fährt man in die USA, werden die Nutzungshinweisschilder mit bemerkenswerten Inhalten sogar rechtlich vorgeschrieben - “Do not put pets in the microwave”. Ist eine solche Verhaltensregulierung wirklich notwendig oder darf man den Menschen ein gewisses Maß an gesundem Menschenverstand zurechnen?

Besonders erstaunt mich immer wieder das Hinweisschild: “Caution wet floor”. Ja, es gibt Fälle, in denen man nicht direkt sieht, ob der Untergrund rutschig ist … Menschen, die nicht einschätzen können, dass es am Rand eines Schwimmbeckens rutschig sein könnte, dürfen jedoch ruhig auf die Nase fallen; Vielleicht stellt sich auf diese Weise ein Lerneffekt ein.

Die Motivation Schilder der letzten Kategorie aufzuhängen, kann entweder in der Überzeugung begründet sein, dass Menschen nicht in der Lage sind eigenverantwortlich zu handeln oder aber in der Überzeugung das dem Großteil der Weltbevölkerung das Gehirn amputiert wurde…


Wie in vielen Situationen sind Vorschriften nicht die richtige Lösung. Lasst uns den Menschen mehr Fähigkeiten und somit mehr Eigenverantwortung zusprechen. Schilder mit Nutzungshinweisen (wo sie mit normalem Menschenverstand nicht notwendig wären) kreieren eine Absicherungskultur in der Kreativität keinen Platz hat. Eigentlich sagen sie “Verklag mich nicht” - was eine passiv-aggressive Vermeidungshaltung ist. Um als Gesellschaft zu wachsen ist jedoch das Vertrauen in den Einzelnen zu stärken und nicht die Annahme, dass jeder Einzelne nur mit vielen Vorgaben und Hinweisen überlebensfähig ist.

Mein Appel bezüglich der Nutzungshinweisschilder: Lasst uns den modernen Säbelzahntiger befreien - in Form von der Freiheit Treppen, Stufen und Mikrowellen so zu benutzen, wie es jeder für richtig hält!


Um es zusammenzufassen: Hinweisschilder sind überall da sinnvoll, wo sie zum Wohle aller wirklich etwas bewirken. In jedem anderen Fall sind sie der Beweise für fehlende Eigenverantwortung. 

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