„Aber ich habe mir doch so viel Mühe gegeben!“ Falls du diesen Gedanken schon einmal hattest, dann befindest du dich in Gesellschaft fast aller Menschen auf dieser Welt. Haben wir für etwas viel Mühe aufgewandt, wünschen wir uns auch entsprechende Anerkennung. Leider wird nicht der Aufwand belohnt, den wir in etwas investieren, sondern die Ergebnisse unserer Arbeit.
Im konventionellen Bildungssystem wird der Wille sich in etwas einzuarbeiten oft belohnt. Als Teil einer mündlichen Note fließt so oft die vom Lehrer wahrgenommene Mühe mit ein, die sich ein Schüler bei etwas gibt. Für die Entwicklung von jungen Geistern ist dies sicherlich richtig und wertvoll. In Interaktionen außerhalb des geschützten Mikrokosmos „Schule“ sieht dies jedoch völlig anders aus – hier zählen die Ergebnisse.
Wieviel Mühe man sich mit etwas gegeben hat, kann leicht simuliert werden, daher hat sich hierfür außerhalb der Kinder- und Jugendarbeit auch kein soziales Belohnungssystem durchgesetzt. Es ist für den für den Kunden schwer nachzuprüfen, ob der Lieferant Nachtschichten eingelegt hat. Für Kollegen ist es schwierig überprüfbar, ob sich der andere Mitarbeiter wirklich den Gedanken über das neue Kundenangebot gemacht hat oder nicht. Es ist also einfach gesagt, dass man sich große Mühe gegeben hat. Besonders in der Wissensarbeit bleiben die Denkprozesse unsichtbar. Und bei körperlicher Arbeit kann echte Mühe nicht einfach von simulierter unterschieden werden – oder könntest du beurteilen, ob ein anderer Mensch noch weitere 10 km in einem Langstreckenlauf hätte laufen können? Überprüfbar sind lediglich die Ergebnisse: Das fertige Angebot; das erwünschte Produkt, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort; die nach Vereinbarung erbrachte Dienstleistung
Die Frage nach der Wertschätzung der eigenen Anstrengung scheint aus einer Überfluss-Situation zu kommen. Da wo Ressourcen rar sind und das Überleben nicht selbstverständlich ist, wird uns klar, warum das auch meist nicht förderlich für ein System wäre.
Übertreibung dient der Verdeutlichung und daher möchte ich uns gedanklich in die Steinzeit bringen. Hier ging es um das blanke Überleben - Nahrung finden, Schutz suchen. Ist jemand losgezogen, um Beeren zu sammeln oder ein Tier zu jagen und ohne Beute zurück zur Gruppe gekehrt wurde er selbstverständlich nicht dafür gefeiert. Denn für das Unterfangen hat diese Person Energie verbraucht. Energie, die in Form von Nahrung nun erst wieder gesammelt oder erjagt werden muss, um den Fortbestand der Gruppe zu sichern. Kam jemand mit fetter Beute zurück zur Gemeinschaft, wurde er hierfür mit Anerkennung belohnt – ein Anreizsystem, dass sicherstellte, dass Beute geteilt wurde. Mitglieder der Gruppe die viel Aufwand betrieben haben, ohne Ergebnisse zu liefern, haben also das Überleben der gesamten Sippe gefährdet. Jemanden nur für seine Anstrengung zu belohnen, hat demnach in der Evolution des Menschen keinen Sinn ergeben. Sinnhaft war dies lediglich für den Nachwuchs. Hier wurden auch schon die Versuche belohnt, wodurch das kontinuierliche Verbessern der eigenen Nahrungsbeschaffungsaktivitäten angeregt wurde.
Obwohl sich unsere Umwelt in den letzten Jahrtausenden drastisch verändert hat, ist unser Hirn denen unserer Vorfahren noch sehr ähnlich. In Wohlstandsgesellschaften sind wir selbstverständlich über die Zustände der Steinzeit hinaus. Nichtsdestotrotz hilft uns der Mechanismus immer noch dabei, im gemeinsamen Interesse Ziele erreichen zu können und schonend mit den gegebenen Ressourcen umzugehen.
Es geht also im Kern um Effektivität: Die Wirksamkeit unserer Aktionen in Bezug auf das Erreichen eines bestimmten Zieles. Bewertet und belohnt wird also in den meisten Kontexten, wie nah wir unserem gesteckten Ziel gekommen sind. Da jeder von uns nur eine begrenzte Lebenszeit auf diesem Planeten zur Verfügung hat, versuchen wir in der Regel diese Ziele so ressourcenschonend (hier konkret Zeitschonend) wie möglich zu erreichen. Eine zweite Bewertungsdimension ist also die Effizienz. Belohnt werden wir immer, wenn wir unsere Ziele möglichst genau, mit möglichst wenig Aufwand erreichen.
Nach einer schlechten Note sagt der Student: „Aber ich habe doch so viel in der Bibliothek gesessen und gelernt!“ und erwartet hierfür Anerkennung.
Der Ehemann, der seiner Frau ein selbstgemaltes Bild und zwei verwelkte Tulpen schenkt, sagt zu seiner enttäuschten Frau: „Schatz, wenn du wüsstest, wieviel Mühe ich mir gegeben habe!“
In beiden Fällen, darf erkannt werden, dass hier in Realität doppelt versagt wurde: Das Ziel wurde verfehlt und dies auch noch mit hohem Aufwand. Letzteres macht es also nicht besser, sondern noch schlimmer. Steht in einem Arbeitszeugnis also das bekannte „er/sie war stets bemüht“, wissen wir nun, warum es sich hier um eine deutliche Abwertung unserer Arbeitsleistung handelt. „Sich Mühe gegeben zu haben“, bekommt im Leben immer nur den Trostpreis.
Es geht im Leben in den meisten Fällen nicht darum, wieviel Mühe du dir mit etwas gibst. Stimmt das Ergebnis nicht, ist es irrelevant für den Empfänger, ob du dir viel Arbeit mit etwas gemacht hast. Fokussiere dich auf das effektive Erzeugen von Ergebnissen. Der Weg zu diesen Ergebnissen darf dir Spaß machen, denn er interessiert im Zweifel niemanden.
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